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1. Theil 3 - S. 71

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 71 Huldreich Zwingli wurde 1484, also ein Jahr später als Luther, im Dorfe Wildhaus im Canton St. Gallen (zwischen Wallenstädt und Appenzell) in Helvetien geboren. Obgleich sein Vater, ein Amtmann, acht Söhne hatte, so sorgte er doch, daß sie gut unterrichtet wurden, und schickte den Huldreich nach Basel, späterhin nach Bern auf die Schule. Nachdem er in Wien und in Basel studirt hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier war ihm eine Bibel in die Hände gefallen und sie wirkte auf ihn eben so wie auf Luther. Er konnte nicht von ihr wegkommen; alles zog ihn unwiderstehlich an, und wie erstaunte er, als er fand, daß von vielen Lehrsätzen der römisch-katholischen Kirche kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er 1516 Prediger in dem berühmten Kloster und Wallfahrtsorte Maria Einsiedeln geworden war, trat er mit Unerschrockenheit zur Vertheidigung der Wahrheit auf. Er predigte, unterstützt von dem aufgeklärten A^te daselbst, dem zu Tausenden nach dem Gnadenorte strömenden Volke, daß die Wallfahrten und die andern äußern Leistungen keinen Werth hätten, wenn der innere Mensch sich nicht bessere. Wohl mochten die andern Geistlichen darüber den Kopf schütteln; aber er galt für einen so durchaus frommen Mann, daß keiner von ihnen seine Lehre anzutasten wagte. Nun berief man ihn nach Zürich, zwei Jahre später, als Luther die 95 Sätze angeschlagen hatte. Gleich in seiner ersten Predigt lehrte er das reine Evangelium, wie es uns die Apostel hinterlassen haben, frei von allen menschlichen Zusätzen, und so fuhr er fort zu lehren und bekämpfte muthig Aberglauben, Unglauben und Laster, wo er sie fand. Damals reiste in der Schweiz ein italienischer Franciscanermönch, Bernardin Samson, umher und predigte, wie Tezel in Norddeutschland, den Ablaß. Aber Zwingli eiferte gegen den schändlichen Mißbrauch so laut, daß Samson nicht in Zürich eingelassen wurde. Dies ermunterte den braven Zwingli weiter zu gehen und auch die andern Mißbräuche der römischen Kirche anzugreifen, und dadurch wurde ihm fein Werk erleichtert, daß der Rath von Zürich ihm Beifall gab und feine Verbesserungen unterstützte; ja schon 1520 wurde befohlen, daß in Zürich und dessen Gebiete das Wort Gottes ohne menschliche Zusätze gelehrt werden sollte, und nachdem dies zwei Jahre lang geschehen war, wurden auch die äußeren Gebräuche, die dem reinen Evangelium zuwider sind, die Messe, die Ohrenbeichte u. bergt, abgeschafft. Da nun Zwingli fortfuhr, für Ausbreitung der einfachen Lehre

2. Theil 3 - S. 75

1880 - Stuttgart : Heitz
Johann Calvin. 75 innern. Johann Calvin war 1509 in Noyon in Frankreich geboren. Sein Vater, ein angesehener Mann, erzog ihn mit äußerster Strenge und bildete wohl dadurch den Eigensinn und die Härte des Gemüths aus, die wir nachher bei ihm wahrnehmen. Seine innige Religiosität verdankte er vorzüglich seiner frommen Mutter, die ihn schon als kleines Kind zu ihm, dem Unsichtbaren hinleitete. Schon auf der Schule zeichnete et sich durch Fleiß und Kenntnisse aus, und er war erst 18 Jahr alt, als er schon eine Pfarrstelle erhielt. Wie die andern Reformatoren, so wurde auch er durch die Kenntniß der Bibel zum evangelischen Glauben geführt. Nachdem er in ihr aufmerksam gelesen und von der Lehre Zwingli's viel gehört hatte, fing er an zu zweifeln, ob es wohl mit den Lehren der römischen Kirche seine Richtigkeit habe. Anfangs wurde es ihm schwer, sich von den Vorurtheileu, die ihm der Jugendunterricht beigebracht hatte, loszumachen. Endlich überzeugte er sich von ihrer Falschheit, und nun ergriff er die neue, oder vielmehr altchriftliche Lehre mit der ganzen Kraft der innigsten Ueberzeugung. Seine Gewissenhaftigkeit erlaubte ihm nun nicht länger, seine Psarrstelle zu behalten; er legte sie nieder und ergriff das Studium der Rechte. So große Fortschritte er darin auch machte, weil er alles, was er trieb, mit Verstand und Eifer anfing, so zog ihn doch bald der Gedanke, die aus der Bibel geschöpften Wahrheiten des Evangeliums unter den bisher durch das Papstthum verblendeten Menschen zu verbreiten, noch mehr an. Er predigte und fand ausnehmenden Beifall. Das trieb ihn noch mehr an, seinen Entschluß auszuführen, und nun trat er ganz zu der Lehre Zwingli's, die in Frankreich schon viele Verehrer gefunden hatte, über. Da aber der König von Frankreich, Franz I., die Evangelischen verfolgte, so sah sich auch Calvin genöthigt, das Reich zu verlassen. Er wandte sich nach Basel, und als er auf seiner Reise in Genf bewogen wurde, zu predigen, fand er so ungeheuern Beifall, daß man ihn nicht mehr wegließ, und er eine Predigerstelle annehmen mußte. Mit der größten Thätigkeit nahm er sich nun hier seiner Kirche an; aber seine Herrschsucht und Rechthaberei zog ihm viele Feinde zu, so daß noch keine zwei Jahre vergangen waren, als der Magistrat ihn schon aus der Stadt wies. Kaum hörte man davon in Straßburg, als man den nun schon berühmten Mann als Professor und Prediger berief. Hier heirathete er auch, blieb aber nur drei Jahre da; denn in Genf hatte sich indessen die Stimmung geändert: seine Freunde im Magistrat hatten die Oberhand gewonnen und baten

3. Theil 3 - S. 100

1880 - Stuttgart : Heitz
100 Neue Geschichte. 1. Periode. England. duldete nicht nur, sondern sah es gern, daß ihre Hofleute ihr die unsinnigsten Schmeicheleien sagten. An Elisabeth sieht man ein trauriges Beispiel, wie bei großer Klugheit doch große Thorheit wohnen könne. Diese unglückliche Eitelkeit war es auch, welche vorzüglich den Haß gegen Maria Stuart erzeugte und Elisabeth zur unversöhnlichen Feindin der hülsesuchenden Königin machte. Was von Johanna Gray gerühmt ist, kann auch von Elisabeth gerühmt werden; sie besaß ausgezeichnete Kenntnisse, ohne andern damit lästig zu werden, und einen sehr gebildeten Verstand. Während ihrer ländlichen Einsamkeit hatte sie den Wissenschaften mit großem Eifer obgelegen. — Ihre erste Handlung nach ihrer Thronbesteigung war, daß sie die evangelische Lehre einführte; nur behielt sie mehr Ceremonien und die bischöfliche Verfassung bei. Sie verlangte die Annahme von 39 Artikeln, die in einzelnen Stücken von der lutherischen und resormirten Lehre abwichen. Aber auch hier verfuhr sie als kluge Frau. Nur langsam und nach und nach wurden die unter Maria wieder eingeführten katholischen Gebräuche abgeschafft. Keine solche Gräuelscenen, wie unter Heinrich Viii. und Maria, kamen dabei vor; doch ließ sie diejenigen, welche ihre Befehle nicht befolgen und die von ihr eingeführte bischöfliche (oder hohe) Kirche stürzen wollten, streng bestrasen. Besonders betraf dies die Puritaner (auch Presbyterianer genannt), welche nicht nur alle Ceremonien, Bilder, Kreuze, Altäre, Orgeln u. s. w. verwarfen, sondern auch die Oberaufsicht der Regierung über die Kirche (Suprematie) nicht anerkennen wollten. Elisabeth hat sich nie vermählt. Ob sie gleich gern sich mit Männern unterhielt, schien sie einen Widerwillen gegen jede Art von Gebundenheit zu haben, vielleicht eine Folge der Unterdrückung, in welcher sie srüherhin gelebt hatte. Jederzeit hatte sie einen oder mehrere Günstlinge; aber zu einer bleibenden Neigung konnte sie sich nie entschließen, so viele einheimische Große und fremde Könige und Königssöhne auch um sie warben. Selbst Philipp Ii. war unter ihren Bewerbern und konnte gar nicht begreifen, wie es möglich sei, seine Hand zurückzuweisen. Einen großen Einfluß auf ihr ganzes Leben hat die unglückliche Feindschaft gegen Maria Stuart gehabt. Dieser Name nicht in der Natur, doch auf ihren Bildnissen kleiner gemacht haben wollte. O über die Eitelkeit der großen Frau!

4. Theil 3 - S. 101

1880 - Stuttgart : Heitz
Eilsabeth. Maria Stuart. 101 setzte alle Leidenschaften Elisabeths in Bewegung, und die gehässige Behandlung der unglücklichen Königin ist offenbar der schwärzeste Punkt in Elisabeths Geschichte. — Heinrich Viii. hatte zwei Schwestern gehabt. Die jüngere war die Großmutter der Johanna Gray, die ältere aber war mit Jacob Iv., König von Schottland, vermählt worden. Ihr Sohn war Jacob V., der Vater der Maria Stuart. Es war, als ob über diese von ihrer Geburt an ein unglückliches Schicksal walten sollte, das nur durch wenige kurze glückliche Zwischenzeiten unterbrochen wurde. Schon sieben Tage, nachdem sie das Licht der Welt erblickt hatte, starb ihr königlicher Vater (1542). Me wurde dadurch, kaum wenige Wochen alt, Königin von Schottland. Ihre Erziehung übernahm ihre Mutter, eine Französin und Base des bei der Bartholomäusnacht erwähnten Herzogs von Gnise. Schon als. ein zartes Kind mußte sie sich von ihrer geliebten Mutter trennen. Sie wurde, sechs Jahre alt, nach Frankreich gebracht, das sie nachher so lieb gewann, daß sie es höher hielt als ihr Vaterland. Ihre Mutter folgte ihr drei Jahre darauf nach, und herrlich entfaltete sich unter der sorgfältigsten Erziehung der schöne Keim; Maria Stuart wurde das liebenswürdigste Geschöpf ihrer Zeit. Sie wurde, als sie noch nicht 16 Jahre alt war, mit dem Dauphin Franz unter großem Pompe vermählt. Dies waren die glücklichsten Jahre ihres Lebens, welches so wenige Freuden zählen sollte. Aber es änderte sich bald. Durch den Tod Heinrichs Ii. von Frankreich wurde ihr junger Gemahl (1559) König, und Maria sah sich jetzt im Besitze des größten Glanzes. Alles huldigte ihrer Würde, ihrer Jugend und ihrer Schönheit — als der frühe Tod Franz Ii., nach einer kaum anderthalbjährigen Regierung, und der Tod ihrer Mutter plötzlich das Glück ihrer frohen Jugend für immer unterbrach. Maria's Mutter war schon mehrere Jahre vorher riqch Schottland zurückgegangen und hatte hier für ihre abwesende Tochter die Regierung geführt. Aber die verdrießlichsten Händel hatten ihr dies Geschäft verbittert. Die Lehre Calvins hatte sich auch nach Schottland verbreitet und hier einen außerordentlichen Beifall gefunden. Am ärgsten aber wurde der Lärm, als Johann Knox -(spr. Nax), ein Schüler Calvins, aus Genf nach Schottland zurückkehrte und mit dem ganzen Feuer seiner Beredsamkeit und Ueberzeugung die neue Lehre empfahl. Seine gar zu heftigen Reden entflammten das Volk so zur Glaubenswuth, daß es die katholischen Kirchen ausplünderte und die Priester mißhandelte. Und als die

5. Theil 3 - S. 104

1880 - Stuttgart : Heitz
104 Neue Geschichte. 1. Periode. England. zwuugeues Wesen für Eitelkeit gescholten, und in dieser Strenge, mit der man sie beurtheilte, mag wohl zum Theil der Grund ihrer nachmaligen Vergehungen liegen. Indessen versah sie es allerdings darin, daß sie auf die Sittenstrenge der Schotten zu wenig Rücksicht nahm und manches that, was Anstoß gab. So lebte sie zuweilen wochenlang mit ihren Frauen in einem einfachen Bürgerhause ganz als Bürgerin, um sich von allen Geschäften und allem Zwange loszumachen. In ihrer hulflosen Lage mußte bei ihr der Wunsch rege werden, sich mit Elisabeth auszusöhnen, damit sie im schlimmsten Falle an ihr einen Rückhalt gegen ihre Feinde hätte. Sie ließ daher Elisabeth begrüßen und sie bitten, sie doch als nächste Verwandte zur Nachfolgerin zu erkennen; gern wollte sie dagegen allen gegenwärtigen Ansprüchen entsagen. Aber Elisabeth traute der Aufrichtigkeit Maria's nicht und gab ihr eine abweisende Antwort. Doch versöhnten sie sich wenigstens zum Scheine und wechselten seit dieser Zeit Briefe, so daß es schien, als wären sie Freundinnen geworden. Aber immer blieb Elisabeth in einer ängstlichen Spannung; denn der Gedanke an die Möglichkeit, daß Maria sich mit einem auswärtigen Fürsten vermählen könnte, ließ ihr keine Ruhe. Endlich rückte sie daher mit dem Vorschlage heraus: wenn Maria sich entschließen könne, den Robert Dndley, Grafen von Leicester (sprich Lester), einen Bruder des unglücklichen Guilford, zu heiratheu, so sei sie bereit, sie als Thronerbin anzuerkennen. Dieser Leicester war damals Elisabeths Günstling, und Elisabeth mochte theils durch diesen Vorschlag ihrem Liebling ein Glück bereiten wollen, theils hoffen, auf diese Weise sich vor Maria's Ränken sicher zu stellen. Indessen wurde sie bald auderu Sinnes, und als Maria sich zu der Verbindung bereit erklärte, machte Elisabeth Ausflüchte, und Maria war über dies doppelzüngige Benehmen nicht wenig verlegen. Nicht viel fehlte, so wäre es zu einem Bruche gekommen; um ihn zu verhüten, sandte Maria den Sir Jacob Melvil Nach London. Dies war ein munterer, gewandter Hofmann, und seine Königin hatte ihm befohlen, sich durch unterhaltende Gespräche in das Vertrauen der Elisabeth zu stehlen. Das gelang ihm denn auch so ganz, daß diese ihre Schwächen, besonders ihre große Eitelkeit, ihm ganz offen darlegte. Einmal erzählte ihr Melvil von seinen Reisen und den Trachten der Weiber in verschiedenen Ländern, welche Vorzüge jede hätte und durch welche die Schönheit und Gestalt besonders gehoben würde. Elisabeth hörte aufmerksam

6. Theil 3 - S. 105

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 105 zu und sagte endlich: sie hätte Anzüge aus allen Ländern. An dem folgenden Tage erschien sie bald in dieser, bald in jener ausländischen Tracht, und endlich fragte sie den Gesandten geradezu, in welchem Anzuge sie sich am besten ausnehme? „Im italienischen," antwortete der schlaue Hosmaun; denn er wußte, daß sie diesem vor allen den Vorzug gab, weil sie darin ihre fliegenden Locken zeigen konnte; und sie war auf ihre blonden, oder eigentlich röth-lichen Haare vorzüglich eitel. Nun legte sie ihm eine Menge Fragen vor: Welches ihm die beste Farbe von Haaren schiene? Ob die Haare seiner Königin oder die ihrigen schöner wären? Endlich fragte sie ihn sogar, welche von beiden überhaupt die Schönste wäre? Melvil lachte innerlich über diese Eitelkeit. Schnell faßte er sich aber und antwortete sehr klug: „Jhro Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen ant größten wäre? — „ Meine Königin," antwortete Melvil. — „O!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute'spielte, auf welcher Elisabeth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zimmer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht, und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie entzückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie ober Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; ttttb als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde uttb daß alle ihre Freunbschaftsversicherungen. nichts als Falschheit und Verstellung wären. Bald sctnb sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit biefer Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu hei-rathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch fein Sohn geboren war. Das Alter und der Abel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen bett Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Verbinbnng nicht wünschten. Darnley war jetzt in feinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehntenbetn Betragen, so daß

7. Theil 3 - S. 122

1880 - Stuttgart : Heitz
122 Neue Geschichte. 1. Periode. England. ich nie nach der Gewalt, noch nach dem Leben Elisabeths getrachtet, daß ich absichtlich nichts gethan habe, was Tadel verdient, wenn mir anders nicht meine Religion zum Verbrechen gemacht werden soll." Nachdem sie ihre Dienerschaft eingesegnet und sie gebeten hatte, für sie zu beten, ließ sie sich von einer ihrer Frauen die Augen verbinden, legte das Haupt selbst auf den Block und sprach: „O mein Gott laß mich nicht zu Schanden werden." Ihr Gebet währte noch einen Augenblick; dann sagte sie laut: „Mein Gott, ich befehle dir meinen Geist." Mit Mühe hatte der Scharfrichter, den der Anblick der liebenswürdigen Königin außer Fassung gebracht hatte, sich indessen wieder gesammelt; aber erst mit dem dritten Hiebe wurde das Haupt vom Körper getrennt. Alle Zuschauer waren tief erschüttert, nur der Dechant rief: „So müssen alle Feinde der Königin Elisabeth untergehen!" und nur der einzige Kent antwortete: „Amen!" In Thränen gebadet, warfen sich die Frauen der Entseelten vor ihrem bisherigen Hüter auf die Kniee und baten flehentlich um die Erlaubniß, den Leichnam waschen und ankleiden zu dürfen; alles,, was sie besaßen, boten sie ihm für diese Vergünstigung an, aber mit Rohheit stieß man sie zurück und überließ den Scharfrichtern die Besorgung des Leichnams, die ihn in den anstoßenden Saal trugen und mit einem alten Tuche, welches auf eine Billardtafel gehörte, zudeckten. So endete Maria Stuart im 45. Jahre ihres Alters und im ' 19. einer herben Gefangenschaft. Bei vielem Geist und hinreißender Liebenswürdigkeit fehlte ihr das Talent zu herrschen, durch welches allein sie ihre rohen Unterthanen hätte zügeln und ihrer Nachbarin Elisabeth Ehrfurcht gebieten können. Sie siel als ein Opfer ihres Leichtsinns und der Unwahrhaftigkeit, die ein Hauptzug ihres Charakters gewesen war. Elisabeth, als sie die Nachricht von der Hinrichtung Maria's erhielt, schien vor Bestürzung nicht sprechen zu können, stand wie versteinert da und brach, als ihr Kummer Luft bekam, in Weinen und Wehklagen aus. Denn wenn auch durch Maria's Tod ihr Herz von einer großen Last befreit wurde, so mußte sie sich doch sagen, daß sie vor ganz Europa als die Urheberin der That erscheinen würde, und man darf daher wohl glauben, daß ihre Bestürzung und ihr Zorn nicht erheuchelt war. An Maria's Sohn, Jacob, schrieb sie: sie wünsche, daß er den unaussprechlichen Gram kennen möchte, den sie wegen dieses traurigen Ereignisses fühle, welches ganz ohne ihr Wissen und Willen sich zugetragen hätte.

8. Theil 3 - S. 206

1880 - Stuttgart : Heitz
206 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg. der Kaiser Ferdinand oft nicht wußte, wo er das Geld hernehmen sollte. Sechzehn Kammerherren, von denen vier den täglichen Dienst und jeder seinen eigenen Pagen und Bedienten hatte, waren seiner Winke gewärtig, und Virtuosen aller Art verherrlichten seinen Hos. Auf Reisen folgten ihm sechs Kutschen mit seinem Gefolge, im Kriege gar 100 vier- und sechsspännige Wagen. Er selbst war mäßig und nüchtern und schalt denjenigen des Lebens unwürdig, der nur für seinen Magen lebte. Wenn aber gezecht wurde, so ging es wild her und man trank dann aus Hüten. Er sprach nur wenig, lachte selten, war finster, mürrisch, eigensinnig, ungeduldig und mißtrauisch, erlaubte aber bei der Tafel Frohsinn und Scherz. Wegen der Gicht ging er langsam und aus einen Stock gestützt; mißtrauisch warf er bei jedem Schritte die Augen umher. Sein thätiger Geist ruhte nie; daher mußte eine Todtenstille um ihn her fein. Weit um fein Quartier her waren Posten aufgestellt, welche jeden warnen mußten, stark aufzutreten, und das Bellen der Hunde, das Raffeln der Wagen, jedes laute Wort, selbst das Klingen der Sporen war ihm verhaßt. Sein Stolz verlangte die tiefste Ehrerbietung von jedermann, selbst von dem Vornehmsten, und es machte ihm ein Vergnügen, deutsche Fürsten recht geringschätzig zu behandeln. In allem, was er that, wich er von der Handlungsweise anderer Menschen ab und sah gern, wenn er das bei andern auch fand. Einst hatte ein Hauptmann, der auf der Wache stand, ihn nicht bemerkt und sollte Schläge bekommen. Aber er widersetzte sich, gab seinem Pferde die Sporen und drohte, den zu erschießen, der sich ihm nähern würde; er wolle lieber mit Ehren sterben, als mit Schande leben. „Brav!" rief Friedland, „du mußt vielen Muth haben, daß du dich meinen Befehlen zu widersetzen wagst." Und er schenkte ihm 2000 Thaler. — Ein gemeiner Soldat zeichnete sich einmal so aus, daß Wallenstein ihn zum Hauptmann ernannte. Aber der Mensch bedankte sich nicht einmal dafür. Darüber war Wallenstein nicht nur nicht böse, sondern er gab ihm obendrein ein bedeutendes Geschenk. „Daß er mir nicht gedankt hat," sprach er, „ist die größte Lobrede auf mich; es beweist, daß ich das Verdienst und nicht die Person belohne. Es ist nicht nöthig, Dank zu sagen, wenn man keine Gefälligkeiten erhalten hat." Was ihm zum Ruhme anzurechnen ist, war, daß er nie auf Empfehlungen, sondern blos auf Verdienste sah. Einmal kam ein Fremder in sein Lager und brachte ein kaiserliches Patent mit, daß Wallenstein den Ueberbringer zum

9. Theil 3 - S. 238

1880 - Stuttgart : Heitz
238 Neue Geschichte. 2. Periode. England. Menschen sonst nicht selten im Alter geschieht. Er wurde ernsthaft, schloß sich an die strengsten Puritaner an, lebte ordentlich und erbot sich, alle im Spiel gewonnenen Summen zurück zu bezahlen. Von nun an war sein Haus der Sammelplatz aller eifrigen Geistlichen seiner Partei; aber seine Freigebigkeit gegen sie brachte ihn in Schulden. Er suchte sich durch eine kleine Pachtung zu retten, sank aber immer tiefer in Schulden, weil er, anstatt die Hände zu rühren, Morgens und Abends stundenlang auf den Knieen lag und seine Einbildungskraft mit Erscheinungen und Offenbarungen nährte. So nahm seine Schwärmerei von Tage zu Tage zu und sein Vermögen immer mehr und mehr ab. Schon wollte er nach Amerika auswandern, als der Hof die Abfahrt verbot. Endlich wurde er zum Parlamentsmitglied gewählt. Aber nichts verrieth hier den Mann, der sich nachher so auszeichnete. Er war groß, aber uube-hülflich, hatte weder Anstand noch Sitten, kleidete sich nachlässig und hatte eine gemeine, undeutliche und verwirrte Sprache. Als aber der Bürgerkrieg ausbrach, zeigte sich bald sein großes Talent. Er warb ein Regiment aus Pachterssöhnen an und theilte ihnen bald seine Schwärmerei mit, die bekanntlich bei schlecht unterrichteten Leuten ansteckend ist. Er war zugleich ihr Prediger und ihr Anführer, und sein und der Seinigen wilder Enthusiasmus verrichtete Wunderdinge. Bald sahen alle auf ihn, und ganz England sprach von dem Pachter Eromwell mit Begeisterung. Man wählte ihn zum Anführer des ganzen Heeres. Aber zugleich wurde er auch das Haupt einer neuen religiösen und politischen Sekte, der Independenten. Er und seine Anhänger behaupteten, alle Menschen müßten gleich sein und daher weder ein König noch der Adel herrschen; jeder könne glauben, was er wolle; aber keine Obrigkeit müsse sich um die Kirche bekümmern, und jede Gemeinde habe das Recht, ihre Prediger selbst zu erwählen und einzusetzen; jeder könne ein Geistlicher werden u. s. w. Fast das ganze Heer wurde nach und nach von diesen Freiheitsgrundsätzen angesteckt, und die Seele des Ganzen war Eromwell. Ist einmal ein Heer von einem großen Gedanken begeistert, gleichviel, ob er richtig oder falsch ist, so ist ihm nicht leicht zu widerstehen. So auch hier. Der>König, so glücklich auch im ersten Kriegsjahre sein Vetter, Prinz Rnppert von der Pfalz, gefochten hatte, und sein Anhang wurden fast überall geschlagen; auf der einen Seite hatte er die Schotten, auf der andern die Independenten zu bekämpfen. Die entscheidendste Niederlage erlitt er bei

10. Theil 3 - S. 240

1880 - Stuttgart : Heitz
240 Neue Geschichte. 1. Periode. England. eure Anschläge segne. Ich selbst wollte noch neulich eine Fürbitte einlegen für des Königs Wiedereinsetzung; aber da fühlte ich, daß meine Zunge mir am Gaumen kleben blieb, und daraus sah ich, daß Gott ihn verworfen habe." Nun wurden die 133 Richter festgesetzt; aber nur 70 fanden sich ein. Karl zeigte in seinem Unglücke weit mehr Größe der Seele, als auf dem Throne. Er vertheidigte sich mit vieler Klarheit und Fassung. Dreimal wurde er verhört; dann sprachen die Richter das Todesurtheil. Mehrere auswärtige Mächte verwandten sich für ihn; vergebens! Vier Männer traten vor die Richter und erklärten, sie wären, die Rathgeber des Königs gewesen; wenn jemand also Strafe verdiente, so wären sie es; sie wollten, gern für ihren König bluten. Aber sie wurden abgewiesen. Das Volk war tief erschüttert; aber es wurde durch die Soldaten im Zaum gehalten, und so regte sich keine Hand für den unglücklichen Monarchen. Es waren ihm drei Tage Frist gegeben, sich zum Tode zu bereiten. Er benutzte sie zu religiösen Handlungen und zu Unterredungen mit seinen Kindern. Nur zwei derselben, eine Tochter und ein Sohn, waren noch in England; sie erhielten die Erlaubniß, ihn zu besuchen; seine Frau und die anderen Kinder waren schon nach Frankreich geflüchtet. Karl unterhielt sich mit ihnen wehmüthig, trug der Prinzessin seine letzten Grüße an seine Frau auf und entließ sie mit herzlichen Ermahnungen. In den zwei folgenden Nächten schlief er so ruhig wie immer, obgleich unter seinen Fenstern die Zimmerleute das Blutgerüst aufschlugen. Am Morgen seines letzten Tages — es war der 30. Januar 1649 — stand er früh auf, ließ sich sorgfältig ankleiden und hielt mit seinem Freunde, dem Bischöfe Juxon, feine Andacht. Die Hinrichtung wurde auf dem Platze vor seinem Schlosse Whitehall (Hweithahl) vollzogen, um desto stärker zu bezeichnen, daß es der König sei, den das Volk richte. Der ganze Platz war dicht mit Menschen besäet, die ihre tiefe Betrübniß nicht verbargen. Karl hatte durch sein sanftes Betragen während seiner Gefangenschaft die Herzen aller,, die ihm nahe kamen, für sich eingenommen. Jetzt trat er heraus aus dem einen Fenster seines Palastes, von wo man eine Brücke bis zum Blutgerüste angebracht hatte. Er sprach nur mit den Umstehenden einige Worte. Er sterbe unschuldig an seinem Volke, erkenne aber die Gerechtigkeit der göttlichen Vorsehung; denn er habe den Tod darum verdient, weil er in die Hinrichtung seines unschuldigen Ministers gewilligt habe. Er vergebe allen seinen Feinden gern.
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